Gastbeitrag von Rechtsanwalt Christian Kieppe
Der aktuell erfolgreichste Unternehmensgründer und reichste Mann der Welt hat im Rahmen seiner Scheidung 38 Milliarden US-Dollar an seine Ex-Frau gezahlt. Die Rede ist von Jeff Bezos, CEO von Amazon.
Scheidungen können für Unternehmer teuer werden.
Das zeigt nicht nur dieses prominente Beispiel, wie Rechtsanwalt Christian Kieppe von Online Scheidung Deutschland weiß. In dem folgenden Beitrag erklärt er die Rechtsverhältnisse zwischen Ehegatten – mit besonderem Blick auf Haftungsfragen für Kredite, mit denen Gründer oft ihr Startkapital finanzieren.
Schuldenaufnahme vor, während oder nach der Ehe
Unabhängig vom Zeitpunkt der Kreditaufnahme haftet grundsätzlich nur der vertragliche Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens gegenüber dem Darlehensgeber. Dies gilt auch während der Ehezeit. Wenn nur ein Ehegatte den Kreditvertrag abgeschlossen hat, so steht dieser ganz allein in der Schuld des Darlehensgebers.
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Anders liegt der Fall, wenn sich beide Ehegatten hälftig oder zu einem anderen Prozentanteil an der Kreditaufnahme beteiligen. Nach dieser Konstellation sind beide Ehegatten Vertragspartei und haften dem Darlehensgeber in der Regel als Gesamtschuldner. Das Gesetz erklärt den Begriff des Gesamtschuldners in § 421 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wie folgt:
Diese Vorschrift dient dem Schutz des Gläubigers, also dem berechtigten Inhaber einer Forderung. Im Falle eines Kreditvertrages ist der Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs in Höhe des Darlehensbetrags typischerweise die Bank.
Die Regelungen über die Gesamtschuld privilegiert die Bank insofern, als sie gegen jeden der Ehegatten 100% der Rückzahlungsforderung geltend machen kann. Die Bank kann sich somit selbst den solventeren Ehegatten „herauspicken“ und gegen diesen vorgehen.
In der Folge trägt der in Anspruch genommene Ehegatte das Insolvenzrisiko des anderen Ehegatten, von dem er zumindest ein Teil der von ihm zunächst getätigten Rückzahlung verlangen kann. Insbesondere dann, wenn sich die Ehegatten schon getrennt haben oder gar geschieden sind, können Probleme mit Blick auf das Anspruchsbegehren auftreten. Damit wird deutlich, dass die Bank den Aufwand, ihren Darlehensrückzahlungsanspruch einzufordern, einfach an einen Ehegatten „weiterreichen“ kann.
Besondere Vorsicht bei Bürgschaften geboten
Aus diesen Gründen sollten Ehegatten vor Aufnahme eines Kredites die Vertragsbedingungen prüfen und ermitteln, inwieweit sie im Zahlungszeitpunkt gegen ihren Ehepartner vorgehen müssen oder ihm gar eine Zahlung schulden. Letzteres wird zwischen Ehegatten häufig mit Abschluss eines Bürgschaftsvertrags ausgelöst, indem ein Ehegatte gegenüber der Bank für die Rückzahlung des Darlehens durch den anderen Ehegatten bürgt.
Eine Bürgschaft muss gut überlegt sein und führt nicht selten zu heiklen Situationen. Zwar steht dem Bürgen gesetzlich die sogenannte Einrede der Vorausklage zu, die in § 771 Satz 1 BGB wie folgt beschrieben wird:
Die Bank müsste also zunächst eine Zwangsvollstreckung gegen den als Darlehensschuldner haftenden Ehegatten anstrengen. Erst, wenn sie dadurch nicht in Höhe ihrer Forderung befriedigt wird, kann sie gegen den Bürgen vorgehen.
Allerdings ist fernab der gesetzlichen Theorie in der Praxis besondere Vorsicht geboten, da Banken ausschließlich selbstschuldnerische Bürgschaften mit Verzicht auf die Einrede der Vorausklage akzeptieren.
Insofern kommt die Übernahme einer Bürgschaft für den Ehegatten gegenüber der Bank praktisch einer beinahe unmittelbaren Haftung gleich. Dann genügt nämlich die Verweigerung der Zahlung durch den Kreditnehmer, auch wenn noch keine Maßnahmen zu Zwangsvollstreckung eingeleitet worden sind.
Kreditzahlung kann auf Unterhalt angerechnet werden
Wenn der Bürge nun doch für die Forderung der Bank einsteht und zahlt, so kann er den einmalig gezahlten Betrag oder die regelmäßig zu zahlenden Raten zumindest auf die für die Unterhaltsberechnung maßgebliche Höhe seines Einkommens anrechnen lassen.
Praktisch bedeutet das, dass der Bürge den Kredit gegenüber der Bank abbezahlt, gegenüber dem Ehegatten aber dafür weniger Unterhalt zahlen muss.
Kreditfinanzierte Vermögenswerte: Tatsächlich meine?
Vermögenswerte können Geld- und Sachwerte sein, ihr Wert ist begründet in dem Recht des Eigentümers, frei darüber verfügen zu können.
Während das Geld auf dem Bankkonto, rechtlich betrachtet, eine Forderung gegen die Bank in Höhe des aktuellen Saldos darstellt, sind Beteiligungen an Unternehmen in der Regel als Sachwerte zu qualifizieren. Gesellschaftsanteile oder Aktien sind Wertpapiere, die nach den Vorschriften des Sachenrechts übereignet werden können.
Die Frage des Eigentümers ist unstreitig, wenn jemand ein Wertpapier in eigenem Namen erworben hat.
Spannender ist die Frage, wer Rechteinhaber einer Unternehmensbeteiligung ist, wenn beide Ehepartner einen Kreditvertrag für die Unternehmensgründung unterschrieben haben. Rechtsvorschriften über Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) fordern stets den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags und somit eine klare Verteilung der Gesellschaftsanteile.
Anders sieht es bei den Personengesellschaften (GbR, oHG, KG) aus. Ohne einen Gesellschaftsvertrag gelten die gesetzlichen Regelungen.
Für die Höhe der Beteiligung ist ohne vertragliche Regelung maßgeblich, welcher Ehegatte zu welchem Anteil für den Kredit haftet. Danach bestimmen sich dann auch zunächst die Gesellschaftsanteile.
Diese Situation sollte von Gründern unabhängig davon beachtet werden, ob sie mit ihrem Ehepartner das Unternehmen gründen, oder ob der Ehepartner nur für den Kredit haften soll.
Wie der Fall Bezos hätte vermieden werden können
Letztendlich hat die Ex-Frau von Jeff Bezos eine derart hohe Summe erhalten, weil im US-Bundesstaat Washington eine entsprechende gesetzliche Regelung gegriffen hat. Diese besagt, dass der Zugewinn an Vermögen, den ein Ehegatte während der Ehezeit mehr als sein Ehepartner erzielt, ausgeglichen wird. Einfach erklärt: Gewinnt A während der Ehe 40 hinzu, B aber nur 20, werden 20 (40-20) ausgeglichen. Beide haben nach der Scheidung 30. In Deutschland gilt die gleiche gesetzliche Regelung des Zugewinnausgleichs.
Der nach deutschem Recht gegebenenfalls bestehende Anspruch auf einen sogenannten Zugewinnausgleich ist gerade für Unternehmensgründer potenziell gefährlich, weil sich ihr Vermögen in einem Sachwert, nämlich der Beteiligung an einem Unternehmen, befindet. Eine Geldsumme ist „leicht“ auszuzahlen, ein Sachwert hingegen muss zunächst liquidiert werden. Daher können Unternehmensgründer unter anderem Gefahr laufen, ihre Stimmrechte am Unternehmen zu verlieren.
Ausschließen lässt sich der Zugewinnausgleich schon, nämlich durch einen Ehevertrag. Dem muss dann allerdings der andere Ehegatte zustimmen. Zudem unterliegt eine solche Vereinbarung bestimmten Formerfordernissen (z. B. notarielle Beurkundung).
Bei allen Fragen und vor Vertragsabschlüssen ist immer dringend eine anwaltliche Beratung anzuraten. Diese Ausführungen stellen keine anwaltliche Beratung dar und erfolgen ohne Gewähr.
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Autor: Rechtsanwalt Christian Kieppe
Seit über 26 Jahren berät Christian Kieppe Ehegatten in familienrechtlichen Angelegenheiten. Über online-scheidung-deutschland.de betreut er bundesweit Mandanten. Bei Scheidungen wirkt er im Interesse der Finanzen seiner Mandanten auf einvernehmliche Lösungen hin.